In die Wüste geschickt

/ Kurt Bracharz

Ein europäischer Politiker forderte ein KZ für Zigeuner, und ein Aufschrei der Medien blieb so ziemlich aus. Woran lag’s? Dass man Rumänien nicht so recht zu ‘Europa’ zählen mag? Dass von einem ‘Straflager’ die Rede war? Dass der Mann nicht ausdrücklich ‘Zigeuner’ gesagt hat?

Der der regierenden ‘nationalliberalen’ Partei PNL angehörende Außenminister Adrian Cioroianu hatte auf einer Ägyptenreise vorgeschlagen, sein Land solle ein Stück ägyptischer Wüste kaufen, um dorthin Personen, die ‘in Italien straffällig geworden sind’, deportieren zu können, die in der Internierung ‘zu schwerster Arbeit gezwungen werden müssten’. Honni soi qui mal y pense, z. B. ‘Vernichtung durch Arbeit’. Mittlerweile hat Cioroianu seinen Vorschlag wieder zurückgenommen, aber jetzt hetzen nicht nur die rumänischen Faschisten der Noua Dreapta gegen die Zigeuner.

Auslöser war eine Kettenreaktion nach einem Mord oder Totschlag in Rom: Die 47jährige Giovanna Reggiani war an der Bahnstation Tor di Quinto ausgeraubt, vergewaltigt und mit einem Stein erschlagen worden. Der Täter war der 24jährige Nicolae Romulus Mailat, ein rumänischer Rom aus einer nahe gelegenen Barackensiedlung. In Rom bilden über 30.000 rumänische Migranten die größte Gruppe ausländischer Stadtbewohner. Über 6000 Roma (aus Rumänien, Serbien, Bosnien und Mazedonien) wohnen legal in der Stadt, noch einmal so viele in Baracken oder auf unbefestigtem Gelände.

Nach dem Überfall auf Reggiani hat die Regierung Prodi die in Italien lebenden Rumänen und Roma zur ‘Gefahr für die öfffentliche Sicherheit’ erklärt, drei Barackensiedlungen mittels Bulldozern geplättet und angekündigt, trotz der EU-Richtlinien zur Freizügigkeit alle ‘kriminellen Elemente’ abschieben zu wollen.

Der rumänischen Regierung dürfte die Sache gerade recht gekommen sein, um davon abzulenken, dass das Parlament soeben Gesetze verabschiedet hat, die durch Behinderung der Ermittlungsmethoden die Korruption und das organisierte Verbrechen in Rumänien stark fördern werden.