Kolonialwaren, nein danke!

/ Kurt Bracharz

Die Knesset hat Mitte Juli das ‘Gesetz zur Abwendung von Schaden, der dem Staat Israel durch Boykott entsteht’ verabschiedet, das Schadenersatzklagen gegen israelische Aufrufe zum Boykott von Waren aus Israel und den jüdischen Siedlungen im Westjordanland sowie von Universitäten und Kulturveranstaltungen ermöglicht. Ein solches Gesetz verletzt unzweifelhaft den Grundsatz der freien Meinungsäußerung.

Viele Kommentatoren wiegeln ab: Nur 27 der 120 Abgeordneten hätten für das Anti-Boykott-Gesetz gestimmt, die meisten seien lieber der Abstimmung ferngeblieben (unter ihnen auch Ministerpräsident Netanjahu), die gesamte Presse kritisiere das Gesetz, Politiker aller Großparteien seien eigentlich nicht dafür, und der Oberste Gerichtshof werde es ohnehin zurückweisen. Das Gesetz sei nur ein Aufschrei der vom Boykott bedrohten Landwirtschaft gewesen. Alles sei paletti, die ‘einzige Demokratie im Nahen Osten’ (Standardformel) nicht gefährdet. Zugegeben – Avigdor Liebermann ist eine weitaus größere Gefahr für die israelische Demokratie als ein dubioses Gesetz.

In der ‘Presse’ erschien ein Leserbrief von Victor Wagner, Präsident der ZPC-Loge der B’nai B’rith Wien, in dem es hieß, der Boykottaufruf ‘Kauft nicht israelische Produkte’ klinge sehr ähnlich wie der NS-Slogan ‘Kauft nicht bei Juden’, und die Kritiker des Gesetzes seien Antisemiten aus dem links- und rechtsradikalen Lager, Islamisten, linksradikale israelische NGOs und ‘jüdische Außenseiter mit masochistischen Boykottvorwürfen’.

Obwohl ich mich bisher keinem dieser Lager zugezählt habe, würde auch ich Lebensmittel aus den Siedlungen in den besetzten Gebieten meiden, wenn sie als solche gekennzeichnet wären (was nicht der Fall ist). Man tut sich übrigens zumindest hier schwer beim Boykott, weil früher für Israel typische Früchte wie Orangen in unseren Supermärkten heute fast immer spanischer Provenienz sind. Und das berühmte ‘Jaffa’-Label muss man nicht boykottieren, weil die Israelis es an Spanien und Südafrika verkauft haben.