So ist das mit der Menschenwürde

/ Kurt Bracharz

Der Entschädigung für den Kindesmörder Magnus Gäfgen, 36, wäre an diesem Wochenende in den Medien wohl noch breiterer Raum eingeräumt worden, wenn nicht die Wirtschaftsnachrichten alle anderen Themen an den Rand gedrängt hätten. Gäfgen hatte im September 2002 den elfjährigen Sohn einer Frankfurter Bankiersfamilie entführt, eine Million Euro Lösegeld verlangt, aber in seiner Wohnung das Kind sogleich durch Ersticken getötet und die Leiche in einem See versteckt.

Die Polizei nahm den Täter drei Tage nach der Entführung fest und drohte dem Mann beim Verhör am vierten Tag nach der Festnahme ‘unermessliche Schmerzen’ an, wenn er den Aufenthaltsort des Kindes, von dem man zu diesem Zeitpunkt glaubte, dass es noch am Leben sei, nicht verrate. Gäfgen gestand daraufhin, wo die Leiche zu finden war, und wurde später zu lebenslanger Haft verurteilt.

Der ehemalige Jura-Student hatte nun aus der nordhessischen JVA Schwalmstadt heraus – auf Grund seiner Mittellosigkeit per Prozesskostenhilfe – gegen das Land Hessen einen Zivilprozess angestrengt, weil er wegen der Folterandrohung unter psychischen Spätfolgen leide. Jetzt hat ihm das Gericht 3000 Euro ‘Geldentschädigung’ zugesprochen, weil Gäfgens Menschenwürde und Persönlichkeitsrechte durch die Drohung schwer verletzt worden seien. Es handelt sich dabei nicht um ein Schmerzensgeld oder einen Schadenersatz, weil auch das Gericht nicht glaubt, dass der Kindesmörder durch die Drohung einen psychischen Schaden erlitten hat.

Die Geldentschädigung ist im Grunde eine Bestrafung des Polizeipräsidenten, der seinerzeit die Drohung angeordnet und damit laut Urteil ‘rechtswidrig und verwerflich’ gehandelt hatte, für den als Beamten aber das Land haftet. Gäfgen, der ursprünglich 10.000 Euro verlangt hatte, wird auch die 3000 nicht bekommen, weil sie zur teilweisen Abdeckung seiner hohen Prozesskostenschulden dienen werden.

Formal ist das Urteil wohl korrekt. Und es ist auch keine Neuigkeit, dass Recht und Gerechtigkeit zwei paar Schuhe sind.