Bravo Mario!

/ Kurt Bracharz

Der Vatikan politisiert wieder. Unter dem intellektuellen deutschen Papst herrschte da doch einige Zeit Funkstille, nachdem sein rustikaler und sportiver polnischer Vorgänger mit amerikanischen Geheimdienstgeldern im Rücken in Polen kräftig aufgetrumpft und das riskante Spiel gewonnen hatte. Dass die Implosion des Ostblocks nicht zuletzt auf die Politik von Johannes Paul II. zurückzuführen war, wird auch von neutralen Geschichtsbetrachern nicht bestritten.

Selbstverständlich waren ökonomische Gründe die Basis des Geschehens, aber dass politische Strukturen auch auf wackeligstem wirtschaftlichen Boden relativ lange bestehen können, wenn keiner ihr Umfallen anstupft, dafür bietet die Weltwirtschaft mehr als genug aktuelle Beispiele. Die angebliche Aussöhnung der USA mit Kuba (der Kongress wird jede tatsächliche Verbesserung der Beziehungen zu verhindern wissen, und es werden nicht nur die Narren der Teaparty daran schuld sein, sondern auch gestandene Demokraten) war vom Vatikan angeleiert worden – tatsächlich auch schon von Johannes Paul II., der Anfang 1998 Kuba besucht und lange mit Fidel Castro gesprochen hatte. Auch Benedikt XVI. war im März 2012 auf der Insel, was die Popularität der kubanischen Kirche und ihrer Bischöfe erhöhte.

Aber erst der Lateinamerikaner Jorge Mario Bergoglio alias Franziskus ist wirklich wieder aktiv geworden, indem er ‘im Laufe der letzten Monate’ (so die Formulierung des Vatikans, der seine Geheimpolitik auch wirklich geheim hält) Briefe an Obama und Raúl Castro verschickte und die daraus entstandenen Gespräche zwischen kubanischen und US-Politikern teilweise hinter den Mauern des Vatikans unterbringen konnte (die anderen fanden ab Juni 2013 im katholischen Teil Kanadas statt). Dafür konnte die katholische, also weltumspannende Kirche auf in Lateinamerika orts- und sachkundiges Personal zurückgreifen, der einem säkularen Kanzler entsprechende Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin war früher päpstlicher Botschafter in Venezuela gewesen, zwei weitere vatikanische Diplomaten, Beniamino Stella und Angelo Becciu waren Botschafter in Kuba.

Auf Seiten der Amerikaner war neben dem Kuba-Fachmann Ricardo Zuñiga Obamas Redenschreiber Ben Rhodes an den Gespräch beteiligt, der vielleicht wenig Ahnung von der Zuckerinsel, aber direkten Zugang zum Präsidenten hatte. Schließlich machten Obama und Raúl Castro in einem Telefonat aus, wie sie die Neuigkeit der Welt präsentieren wollten. Danach gab es sowohl positive als auch negative Reaktionen, positive vor allem im wirtschaftlich schwächelnden Kuba, das sich US-Hilfe verspricht, negative natürlich in den USA, aber nicht unbedingt unter den Exilkubanern, die unter Raúl eine Art Aussöhnung akzeptieren können, was unter Fidel unmöglich gewesen wäre. Vielleicht ist das auch der Grund, warum nicht berichtet wird, was Fidel Castro zu all dem gesagt hat. Dieses Schweigen könnte aber natürlich auch biologische Ursachen haben.