Da staunt der Sparefroh

/ Kurt Bracharz

Einige Medien meldeten es als ‘Tabubruch’: Eine oberbayerische Raiffeisenbank verrechnet ab Anfang September einem Teil ihrer Privatkunden Negativzinsen. Im Verkehr der Banken untereinander sind Negativzinsen keine Neuigkeit. Die dänische Notenbank war die erste, die 2012 einen Zins von Geschäftsbanken forderte, die bei ihr über Nacht überschüssige Einlagen parken wollten. Die Europäische Zentralbank (EZB) tat dasselbe ab Juni 2014, mittlerweile folgten die Schweiz, Schweden und Japan ihrem Beispiel. Dabei ging es aber bisher nirgends um die Einlagen von Privatkunden, sondern um jene von Banken, institutionellen Anlegern und Firmenkunden.

Allerdings wird auch bei der Raiffeisenbank Gmund mit sechs Filialen rund um den Tegernsee und einer Bilanzsumme von 145 Millionen Euro nicht so heiß gegessen, wie gekocht wurde. Sie verlangt zwar ab September ein sogenanntes ‘Verwahr-Geld’ in Höhe von 0,4 Prozent von Privatkunden, aber nur für Einlagen über 100.000 Euro auf Giro- und Taggeldkonten. Es ist also auch in Gmund (noch) nicht der berühmte ‘kleine Sparer’, der Zinsen zahlt, statt welche zu kriegen. Die 0,4 Prozent entsprechen dem Satz, den Banken sowohl beim Spitzeninstitut der deutschen Volks- und Raiffeisenbanken, der DZ Bank, als auch bei der EZB für Einlagen zahlen müssen.

Das Vorstandsmitglied der Raiffeisenbank Gmund, Josef Paul, begründete die Einführung der Negativzinsen so: ‘Wir haben alle Großanleger gezielt angeschrieben und ihnen empfohlen, sich Gedanken zu machen. Wenn man keine Anreize schafft, etwas zu verändern, verändert sich auch nichts. Ein Teil der Kunden, die wir informiert haben, hat sich für alternative Anlagen entschieden, andere haben ihr Geld zu anderen Banken verlagert.’

Der Genossenschaftsverband Bayern (GVB), dem die 299 bayerischen Volks- und Raiffeisenbanken angehören, gab der EZB die Schuld: ‘Der extreme geldpolitische Kurs der EZB verursacht bei allen Banken erhebliche Kosten. Vor allem die Negativzinsen für das Anlegen überschüssiger Liquidität bei der Zentralbank belasten die Institute zunehmend.’ Und der Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken beschwichtigte: ‘Der BVR glaubt nicht, dass wir in Deutschland im Privatkundengeschäft in der Breite Negativzinsen sehen werden – nicht zuletzt auf Grund der intensiven Wettbewerbssituation im deutschen Bankenmarkt.’

Negativzinsen für Privatkunden werden wohl Einzelfälle bleiben. Die Skatbank, eine Direktbank in Thüringen, verlangt seit 2014 Negativzinsen, allerdings erst ab einer halben Million Euro, die Alternativ-Bank GLS plant einen ‘Solidarbeitrag’, aber die große Mehrheit der Banken denkt eher über simple Gebührenerhöhungen für Kontoführung und Kreditkarten und über eine Gebühr für Abhebungen am Geldautomaten nach.

Also zumindest für den Weltspartag 2016 muss man sich noch nicht überlegen, wie man den Sparschweine artgerecht haltenden Kindern beibringen kann, dass ihnen die Bank Zinsen verrechnen will.