Die Richterin und der Koran

/ Kurt Bracharz

Eine Deutsche marokkanischer Herkunft, die in Marokko einen Moslem geheiratet hatte, stellte an eine Familienrichterin in Frankfurt ein Ansuchen um Prozesskostenhilfe für ihr Scheidungsverfahren.

Die Richterin teilte in einem Schreiben mit, dass sie diesen Antrag wahrscheinlich ablehnen werde, weil die Frau mit dem beabsichtigten Scheidungsantrag vor Ablauf des Trennungsjahres keine Erfolgsaussicht habe. Eine vorzeitige Scheidung wäre nur bei »unzumutbarer Härte« möglich, die aber nicht vorliege, da die Frau mit ihren beiden Kindern in der zuvor gemeinsamen Wohnung lebe und der Gatte durch eine Kontaktsperre ferngehalten werde.

So weit, so schlecht (der Mann übte Telefonterror aus), aber korrekt im Entscheidungsbereich der Richterin. Sie fügte allerdings noch an: »Für diesen Kulturkreis ist es nicht unüblich, dass der Mann gegenüber der Frau ein Züchtigungsrecht ausübt. Hiermit musste die in Deutschland geborene Antragstellerin rechnen, als sie den in Marokko aufgewachsenen Antragsgegner geheiratet hat.«

Daraufhin brachte die Anwältin der Mandantin einen Antrag auf Befangenheit ein, und auf diesen antwortete die Richterin mit dem Hinweis auf die Koransure 4, Vers 34, wo es heißt: »Wenn Ihr fürchtet, dass irgendwelche Frauen sich auflehnen, dann vermahnt sie, meidet sie im Ehebett und schlagt sie!« Für einen islamisch aufgewachsenen Mann könne schon das Leben der Frau nach westlichen Regeln den Tatbestand der Ehrverletzung erfüllen. Das habe die Frau ja wissen müssen, deshalb könne nur nach dem Gewaltschutzgesetz, nicht aber auf »unzumutbaren Härte« im Sinne des § 1565 BGB entschieden werden.

Die Richterin wurde daraufhin von dem Fall abgezogen und hat mittlerweile ihre Äußerung, über deren »Tragweite und Sprengkraft« sie sich nicht im klaren gewesen sei, bedauert. Fast die gesamte Presse vom Boulevard bis zu den »Qualitätszeitungen« berichtete, eine deutsche Richterin habe »nach dem Koran« statt nach deutschem Recht entscheiden wollen, was offensichtlich Blödsinn ist.