Der Rabbi, den die FPÖ mag

/ Kurt Bracharz

Neulich dachte ich nachts beim TV-Zappen ein paar Augenblicke lang, ich hätte gerade das »Bild des Jahres« gesehen: einen orthodoxen Juden, der einen der bekanntesten Antisemiten unserer Zeit umarmt und küsst. Eine Wiener Punkband hatte einst ein Logo, das Hakenkreuz und Davidstern Arm in Arm marschierend zeigte, und auch diesmal führte die Spur von der so genannten Holocaust-Konferenz in Teheran nach Wien, denn der Antisemit war der iranische Staatspräsident Ahmadinejad und der Jude ein gewisser Mosche Arye Friedmann (auch Moshe Friedman) aus Wien.

Rechtsradikale Internetseiten wie Störtebeker und Muslim-Markt sowie Friedmann selbst bezeichnen Letzteren stets als »orthodoxen Oberrabbiner«, wozu die Israelitische Kultusgemeinde Wien feststellt, dass der US-Bürger Friedmann, der sich nach seinem Konkurs in Antwerpen nach Wien abgesetzt hatte, kein anerkanntes Rabbiner-Diplom besitzt und im Zusammenhang mit seinem Versuch, die Kontrolle über ein kleines Bethaus in der Lorbeergasse zu gewinnen, rechtskräftig wegen Besitzstörung verurteilt worden ist und zeitweise unter vorläufiger Sachwalterschaft stand. Seine »Antizionistische Orthodoxe Jüdische Gemeinde« ist laut Kultusgemeinde »ein bis dato behördlich nicht anerkanntes Einmannunternehmen, das den Interessen rechtsextremer und islamistischer fundamentalistischer Kreise dient«.

Allmählich wurde mir auch klar, dass ich Friedmann schon einmal auf einem kuriosen Foto gesehen hatte, nämlich mit seinen Gästen John Gudenus und Ewald Stadler bei der Bar-Mitzwah seines Sohnes. Jetzt wundert mich auch das nicht mehr. Also war’s nix gewesen mit der einen Moment lang vermuteten Versöhnung der Gegensätze im Bild der Umarmung, der eine Ganeff war nur als Rabbiner verkleidet. Er war übrigens nicht zum ersten Mal bei dem anderen eingeladen, wahrscheinlich essen die beiden dann zusammen homentaschen. Das sind Ravioli (»Haman-Taschen«), die beim Purimfest zur Erinnerung an die Hinrichtung des persischen Judenfeindes Haman verzehrt werden.