Häufig zitierte Greise

/ Kurt Bracharz

Vor einigen Tagen ist in Wien der 67-jährige Holocaust-Leugner David Irving nach Paragraph 3g des Verbotsgesetzes zu drei Jahren unbedingter Haft verurteilt worden, weil er vor etwa fünfzehn Jahren bei Vorträgen in Österreich die Existenz von Gaskammern in Auschwitz bestritten hat.

Der Zürcher »Tages-Anzeiger« brachte vor kurzem in seiner Beilage »Das Magazin« ein Interview mit dem »meistzitierten lebenden Intellektuellen der Welt«, dem 77-jährigen Noam Chomsky. Was das miteinander zu tun hat?

Das tertium comparationis ist der ebenfalls 77jährige Robert Faurisson. Der ehemalige Professor für zeitgenössische Literatur in Lyon bezeichnete ab 1979 den Holocaust mehrmals als »Teil einer geschichtlichen Lüge«, unter anderem im Rundfunk, und wurde dafür 1983 von einem Pariser Gericht verurteilt. Damals sagte Chomsky, er sehe die »Freiheit der Wissenschaft in Gefahr« und sprach sich gegen »staatliche Zensurmaßnahmen« aus.

Schön, darüber könnte man reden. Auch zum Irving-Urteil haben sich nicht nur Rechtsradikale wie Lady Michele Renouf zu Wort gemeldet, sondern auch zweifelsfrei Liberale, die meinen, der Grundsatz der Meinungsfreiheit müsse auch für Narren gelten und die historische Wahrheit könne ohnehin nicht durch Strafgesetze verteidigt werden. Außerdem gibt es zunehmend Bestrebungen, auch die Erlaubtheit von Aussagen über andere historische Geschehnisse wie die türkischen Pogrome gegen die Armenier oder den Sklavenhandel gesetzlich festlegen zu lassen.

Die Entscheidung über »falsche« oder »richtige« Geschichtsbilder kann in einer Demokratie aber nicht beim Staat liegen und durch Gerichtsurteile erzwungen werden. »Das Recht des Menschen auf seine Verrücktheit« war nicht nur Salvador Dalís Programm, sondern steht wohl auch den »Theorien« faschistischer Widerlinge zu.

Noam Chomsky hat allerdings ein Vorwort zu Faurissons Buch »Mémoire en défense« geschrieben und 1983 eine Tagung der »Revisionisten« besucht. Und natürlich zieht er in »Das Magazin« wie immer über Israel her.