Von Ochsen und Eseln

/ Kurt Bracharz

Eine Woche vor Weihnachten schrieb ein katholischer Merkwürden in einem Leserbrief an das »Wann & Wo«: »Nicht von ungefähr stehen Esel (das widerspenstige Israel) und Ochs (die dem Götzendienst verfallenen Heidenvölker) im Stall von Betlehem, um beim Jesuskind, dem einzigen Mittler zwischen Himmel und Erde, die Erfüllung ihrer Sehnsüchte zu finden. Die 4 Evangelien, interpretiert vom Lehramt der Kirche, sind die einzige Fundgrube für die wahre Erkenntnis Christi. Alles andere gehört in das Reich von Spekulation und Phantasie.« Bemerkenswert ist daran nur, dass Ochs und Esel bei Jesu Geburt weder animalisch noch metaphorisch in den vier kanonischen Evangelien vorkommen, was ein Fundamentalist eigentlich wissen müsste.

In den USA mit ihren über 280 Millionen Einwohner gibt es etwa 80 Millionen christliche Fundamentalisten. Einer davon, der Fox-TV-Moderator Bill O’Reilly, hat Mitte Dezember seinen »persönlichen dritten Weltkrieg« ausgerufen und den Einzelhandel beschuldigt, God’s own country »in eines dieser sinnentleerten westeuropäischen Länder« verwandeln zu wollen. Konkret ging es darum, dass die Handelsketten ihrer Kundschaft »Happy Holidays« statt »Merry Christmas« wünschten.

Das sei eine »Christenverfolgung«, erklärte die »American Family Association«. Die Rolle der Römer spielt dabei vor allem die »American Civil Liberties Union«. Die hatte einer Schulbehörde in Georgia eine Klage angedroht, wenn das Wort »Christmas« in deren Schulkalender stehen sollte (was ja auch eher »amerikanisch-sinnlos« als »europäisch-sinnentleert« anmutet).

In einem Ort namens Mustang in Oklahoma entfernte daraufhin in vorauseilendem Gehorsam ein Schulinspektorat eine Krippe aus einer Schulausstellung, während Hinweise auf Hanukkah und Kwanzaa bleiben durften. Nicht berichtet wird, ob Rentiere bei der Krippe standen – die würden nämlich als definitiv nicht zum christlichen Glauben gehörig die Darstellung »säkularisieren«. Der zum Santa Claus gewordene Sinterklaas täte denselben Dienst. Amen!