Arnie vs. Tookie

/ Kurt Bracharz

Vor einiger Zeit titelte ein Gratisblatt: »Kinderbuchautor zum Tode verurteilt«. Verdammt! dachte ich mir, hat jetzt wieder ein durchgedrehter Mullah eine Fatwa ausgesprochen? Oder eine wiedergeborene Christin Satanisches in Harry Potter gefunden? Oder ein rechtsradikaler Rabbiner zum ersten Mal Schweinchen Schlau erblickt?

Aber nein, es ging um einen Herrn Stanley »Tookie« Williams, von dem ich bis dahin noch nie etwas gehört hatte, obwohl er schon fünf Mal für den Friedens- und viermal für den Literaturnobelpreis vorgeschlagen worden war. Vielleicht bekommt er jetzt beide Preise posthum? Mittlerweile ist er ja weltweit bekannt geworden, allerdings eher durch den Gouvernator als durch eigene Werke. Der Gouverneur-Terminator glaubt nämlich, das Gericht habe sich nicht geirrt, als es 1981 davon ausging, dass der potentielle Friedensnobelpreisträger vor 25 Jahren vier Menschen mittels Handfeuerwaffe terminiert habe, übrigens keine Mitglieder der feindlichen Bloods-Gang (er war Mitglied der Crips), sondern eine Motelbesitzerfamilie und einen Supermarktangestellten.

Freilich, Leute wie Kissinger und Arafat haben den Friedensnobelpreis bekommen, warum dann nicht auch Stanley Williams? Beim Literaturnobelpreis ist man allerdings trotz dubioser Entscheidungen noch nicht auf die Verfasser gut gemeinter Kinderbücher heruntergekommen. Aber vielleicht muss auch dieser Schritt gewagt werden! Steroid-Stan (mein Codename für A.S., der physiognomisch Stan Laurel, nur eben auf Steroiden, verblüffend ähnlich sieht) hat entschieden, wie US-Gouverneure zu entscheiden pflegen. Manche halten es für einen Witz, dass das Arnold-Schwarzenegger-Station in Graz deswegen jetzt umbenannt werden soll, aber der Witz war doch wohl, es seinerzeit so zu nennen.

Übrigens: In der Volksrepublik China sind in diesem Jahr zwischen 3400 und 5000 Menschen hingerichtet und zum Teil als Transplantationsmaterial ausgeschlachtet worden. Wo blieb da der Aufschrei der »ersten europäischen Menschenrechtsstadt Graz«?