Macht Gorno geil?

/ Kurt Bracharz

Drei bzw. zwei Jahrzehnte nach ihren ersten beiden Kampagnen gegen Pornografie startet die Zeitschrift EMMA ihre dritte. Auf dem Titel der aktuellen Nummer ist neben einer nackten Frau (die aufrecht steht, eine in Pornos unbekannte Pose) der Schriftzug ‘Pornografie ist Gewalt’ zu sehen.

Nun ist schon diese Gleichsetzung nur dann richtig, wenn man das Wort ‘Gewalt’ neben der physischen Gewalt auf alles Mögliche ausdehnt, also auf psychische und gesellschaftliche Zwänge usw. Profi-Porno verhält sich zu technisch vergleichbaren Privataktivitäten wie Lebensmittelindustrie zu Bio. Es ist ein Nebengewerbe der Zuhälterei. Aber wenn man in dieser EMMA-Nummer blättert, wirft sich die Frage auf, ob es sich da wirklich bei allem Attackiertem um Pornografie handelt. Zumindest früher mal galt als Pornografie das, was den Konsumenten sexuell direkter anregen sollte als subtilere Darstellungen derselben Themen.

Regen die Gore-Filme von Tarantino und Konsorten oder die Obszönitäten deutscher Rapper tatsächlich irgendwie sexuell an? Die Rapper K.I.Z. singen (ich zitiere aus EMMA): ‘Tour zu Ende, ich bring dir dein Mädel zurück, Fotze ausgeleiert, Arsch zerfleddert, Schädel gefickt.’ Törnt das jemanden an? In ‘Kill Bill 2’ zertritt Uma Thurman das Auge, das sie ihrer Gegnerin beim Schwertkampf ausgestochen hat, in Großaufnahme. Findet das jemand irgendwie erotisch?

In den siebziger Jahren erfanden Marxisten den Begriff der ‘repressiven Entsublimierung’, Entsublimierung hieß im Klartext Hardcore statt Softporno, und repressiv war der ausschließlich kommerzielle Zweck dieses Wandels. Der Fall aller gesellschaftlichen Schranken gegen Gorno (gore + porno) wie ‘Hostel’ oder ‘Grindhouse’ ist für nichts gut außer für die Kasse der Produzenten. Diesen Leuten durch Gesetze (die auch vollzogen werden) den Hahn abzudrehen, verstieße weder gegen die Freiheit der Kunst noch gegen die der Meinung. Irgendwelchen armen Wichsern ihre bunten Bilder von Arsch und Titten wegzunehmen, ist hingegen unnötig.