Sind Fragen als Titel dubios?

Mit Fragezeichen versehene Titel sind im seriösen Journalismus (doch, den gibt es schon noch) verpönt, weil man dort ja normalerweise vorgibt, Bescheid zu wissen und Informationen zu liefern. Eine Frage als Titel bedeutet aber, dass das Medium entweder ein Gerücht lancieren will (‘Stinkt der Papst aus dem Mund?', im Artikel dementiert, behauptet hat es angeblich ein anonym bleibender Audienzbesucher) oder einen prekären Sachverhalt nicht direkt auszusprechen wagt (‘Steht der ganz große Crash erst bevor?').

Viel mehr Gründe für die von einer Titelfrage erzeugte Schwammigkeit kann es eigentlich nicht geben. Andererseits genügt es zumindest bei der zweiten Kategorie, sich das Fragezeichen wegzudenken, um den Informationskern zu erkennen. Wenn beispielsweise der SPIEGEL ‘Wann ist der Staat eigentlich pleite?’ titelte, war die konkrete message der um zwei Wörter verkürzte Satz ohne Fragezeichen. Das ‘Profil’ (Nr. 8 vom 16. Februar) zog nach mit ‘Geht Österreich pleite?', gab sich aber vorsichtshalber noch auf dem Titelblatt selbst die Antwort: ‘Nein. Profil erklärt, warum.’ Leser, die es immerhin für möglich halten, dass sich etwas ereignen kann, obwohl ‘Profil’ vom Gegenteil überzeugt ist, werden von der Titelfrage aufgeschreckt und von der Titelantwort kaum beruhigt worden sein.

Die ‘Süddeutsche Zeitung’ (Nr. 41 vom 19. Februar) schrieb die Frage erst in den Untertitel: ‘Risikofaktor Wien. Ein Land bangt: Steht die Alpenrepublik vor der Pleite?’ Der Artikel beantwortete dann den Bangenden die Frage nicht direkt, sondern zitierte ausführlich Personen und Fakten, wie es sich für Qualitätsjournalismus gehört. Wenn da beispielsweise erwähnt wird, dass die 100 Milliarden Euro schwere Kapitalspritze für Banken und Garantie für Spareinlagen ein Drittel des österreichischen Bruttonationalprodukts ausmacht, kann sich jeder selbst etwas dazu denken.

Ein paar Titelfragenvorschläge: ‘Wird Italien faschistisch?', ‘Kommt als Grundsicherung die Suppenküche?', ‘Wird Strache Bundeskanzler?’