Der schwarze Hadschi X

/ Kurt Bracharz

Als Malcolm X 1964 seine Hadsch nach Mekka unternahm, wurde er von einem der saudischen Prinzen als Staatsgast bewirtet. In seiner Autobiographie schrieb er, er sei zutiefst beeindruckt gewesen von dem ‘Geist der Einheit und Brüderlichkeit, von dem ich nach meinen Erfahrungen in Amerika geglaubt hatte, dass er zwischen Schwarz und Weiss nie existieren könnte’.

Um sich diese Aussage auf der Zunge zergehen lassen zu können, muss man wissen, wofür Malcolm X stand. Er war eine Schlüsselfigur in der Geschichte der ‘Nation of Islam’, die sich aus dem obskuren Moorish Science Temple der 1920er Jahre über die Lehren des Master Fard Muhammad, der den Namen ‘Nation of Islam’ einführte, zu jenen des Master Elijah Muhammad, der diese Bewegung zu politischer Bedeutung führte, entwickelte.

Unter Fard Muhammad und Elijah Muhammad hieß es, ein böser Wissenschaftler namens Yacub habe die weiße Rasse auf der Insel Patmos aus dem so genannten Stamm von Shabazz gezüchtet, von dem alle dunkelhäutigen Menschen direkt abstammen. Die Weißen hatten dann alle anderen Rassen versklavt und standen für das Böse schlechthin. (Wallace Fard Muhammad wurde übrigens in den Gerichtsakten als ‘caucasian’ geführt, weil er anscheinend nur einen farbigen Elternteil aus Polynesien hatte.)

Malcolm X, der sich mit Elijah Muhammad überwarf, verließ die Nation of Islam und wandte sich mit seiner ‘Muslim Mosque, Inc.’ dem traditionellen Islam saudischer Prägung zu, worin ihm Elijahs Nachfolger Wallace Deen Mohammed folgte. Das Amüsante an Malcolm X’ Begeisterung für die Saudis war, dass er offensichtlich nicht wusste, dass der Sklavenhandel in Saudi-Arabien 1962 abgeschafft worden war (und vielleicht auch nicht, dass die weißen Sklavenhändler ihre Ware so gut wie immer Schwarzafrikanern oder Arabern abgekauft hatten).

Warum mir das jetzt einfällt? Weil Barack Obama mit den Iranern und einigen ‘gemäßigen Talibans’ verhandeln wollte, was diese aber schon vom (Verhandlungs)tisch gewischt haben, wie es zu erwarten war.