Wen Dummheit vor Strafe schützt

/ Kurt Bracharz

Die westfälische Stadt Hagen kennt man bei uns wegen ihrer Fernuniversität. Jetzt ist sie aus einem anderen Grund in den Schlagzeilen: Hagen ist die deutsche Stadt mit dem höchsten Verlust bei einer Zinswette: 50 Millionen Euro wurden bei einem Spread-Letter-Swap in den Sand gesetzt. Sie wissen nicht, was das ist? Nun, der Oberbürgermeister, die Stadtkämmerin und der Stadtrat wussten es auch nicht, wollten aber einen guten Deal machen.

Die Stadt verklagte dann die Deutsche Bank wegen Falschberatung; der Oberbürgermeister wusste nicht einmal, dass die Bank nicht Partner, sondern Wettgegner war. Die Kämmerin wurde wegen Verdachts auf Untreue angezeigt, zur Einstellung des Verfahrens genügte aber ihr Hinweis, bei den entscheidenden Vertragsgesprächen nicht dabei gewesen zu sein. Der Oberbürgermeister (SPD) tritt zur nächsten Wahl nicht mehr an, die Kämmerin (CDU) ist jetzt für Aachen tätig.

Wegen der Millionenverluste bei Cross-Border-Leasing wurden in Baden-Württemberg die Verantwortlichen der Wasserverbände von Bürgern angezeigt. Hier eröffnete die Staatsanwaltschaft kein Verfahren, weil die Kommunalpolitiker die Verträge nicht begriffen hätten und deshalb nicht zur Verantwortung gezogen werden könnten. Offenbar schützt bei Politikern Unwissenheit vor Strafe.

Cross-Border-Leasing ist ein interessantes Thema, weil hier Dummheit und Gaunertum Gesichter haben (während sonst in der Finanzkrise anonyme Gesellschaften und Konzerne im Hintergrund bleiben). Die Stadtkämmerin hat die 50 Millionen verzockt. Das daraus folgende Sparpaket für Hagen (Schließung der Bäder, weniger Busse, Schulen zusammenlegen, Bibiotheken schließen etc.) betrifft direkt die Bürger.

Das sehr lesenswerte Dossier der ZEIT zum Thema ‘Rathauszocker’ kann man unter http://www.dietiwag.at/mat/Zeit_Tiwag.pdf herunterladen. Dort geht es nicht nur um deutsche Städte, sondern eben auch um die Tiroler Wasserkraftwerke AG und deren Repressionsversuche gegen einen CBL-Gegner, der Vertragsteile ins Internet stellte.