Was ist anders an France Télécom?

/ Kurt Bracharz

Sie springen aus den Fenstern, erhängen sich oder nehmen Überdosen Schlaftabletten: Beim Konzern France Télécom (Markenname ‘Orange’) haben sich nach Berichten der Gewerkschaften in diesem Jahr bereits 23 Mitarbeiter das Leben genommen. Der Personalchef Olivier Barberot soll das laut ‘Le Canard Enchaîne’ mit den Worten kommentiert haben: ‘Das ist nicht dramatisch, ich habe Schlimmeres gesehen. Die Zahl der Selbstmorde steigt nicht: Es gab 28 im Jahr 2000, und 2002 waren es 29.’

Na ja, dieses Jahr ist noch nicht ganz zu Ende, vielleicht kann France Télécom 2009 doch einen neuen Rekord bei Mitarbeiterselbstmorden verzeichnen. Mal hören, was der Personalchef dann sagt.

Der Konzernchef Didier Lombard gab sich besorgter (vor allem, nachdem ihn der Arbeitsminister Xavier Darcos im Ministerium antanzen ließ). Er sagte, dass vor allem die Berichterstattung der Medien über die Suizide an allem schuld sei, weil zu viel darüber geredet werde und es deshalb Nachahmungstäter gebe. Aber er erklärte immerhin: ‘Die höllische Spirale der Selbstmorde muss man unbedingt stoppen.’ Und noch einmal: ‘Es muss jetzt Schluss sein mit dieser Mode von Selbstmorden.’ Bevor sie den Ruf des Unternehmens endgültig ruiniert, könnte man ergänzen. Das Wort ‘Mode’ nahm man ihm übel.

Der Auslöser waren die üblichen ‘strukturellen Veränderungen’ im Konzern, zum Beispiel der Abbau von über 40.000 Stellen, willkürliche Versetzungen von Mitarbeitern in andere Sparten (Techniker als Kundenberater, Verkäufer in Callcenter) und natürlich das allgemeine Arbeitsklima, das der Generalsekretär der Gewerkschaft CFTC so beschrieb: ‘Es gibt keine Menschlichkeit mehr, keine Nähe, Business allein zählt.’

Da das beinahe überall so ist – jedenfalls bei ehemaligen Staatsbetrieben nach deren Privatisierung (France Télécom war früher ein Teil der französischen Post) – reicht es zur Erklärung der Suizide bei diesem besonderen Unternehmen allerdings nicht aus, es sei denn, andere Konzerne verbergen ihre Selbstmordwellen besser.