Gottseidank, kein Polsprung 2012!

/ Kurt Bracharz

Die massenhafte Verbreitung von gezieltem Blödsinn stimuliert jedes Mal umfangreiche Sektoren des Medienmarktes. Wenn Dan Brown einen neuen Band Geschwafel über die Geheimnisse der angeblich wahren Mächtigen abgelassen hat, erscheinen in dessen Gefolge fast zeitgleich die sogenannten Erwiderungsbücher.

Früher sah man dieses Phänomen vor allem nach den in regelmäßiger Folge herausgebrachten Jesusbüchern, in denen Jesus als Essener, Zelot oder auch mal als Reformrabbi ‘neu entdeckt’ wurde, worauf unweigerlich theologisch versierte Autoren oder auch fixe Journalisten mit einem Büchlein voll der alten Gegenargumente antworteten. Auch bei politischen Skandalen wie Hochhuths ‘Stellvertreter’ gab es dieses kommerziell interessante Hin-und-Her. Derzeit kann man in den Buchhandlungen ein Display mit neuen Büchern voll der alten Bedeutungen der von Brown popularisierten Freimaurersymbole finden.

Dagegen ist in unserem Wirtschaftssystem nicht viel zu sagen, es soll jeder sein Geschäftchen machen können (und die Erwiderungsbücher verkaufen sich ohnehin nie so gut wie die Bestseller, auf die sie reagieren). Ärgerlich wird es allerdings, wenn die Erwiderungen gleich blöd sind wie ihre Anlässe. Der Weltuntergang 2012 gemäß Maya-Kalender ist hanebüchener Quatsch; der Film naturgemäß ebenso. Aber muss dann auch eine ‘Universum’-Sendung so aufgezogen werden, dass des langen und breiten gezeigt wird, wie irgendein Nebbich nachzuweisen versucht, dass ein ‘Polsprung’, also eine Verschiebung der Erdachse bevorstehe – was misslingt, worauf die Zuseher aufatmen können?

Man reist mit dem jungen Geologen, der sich dazu hergegeben hat, auf drei Kontinenten, sieht zu, wie er Bohrkerne entnimmt, und hört schließlich den Sprecher resümieren, der Wissenschaftler habe nun doch keinen Hinweis auf eine bevorstehende Verschiebung der Erdachse finden können. Und einmal mehr trotz Bildungsauftrag der öffentlich-rechtlichen Anstalt 60 Sendeminuten mit Content gefüllt! So nennt man beim Fernsehen den Müll.