Oops – he did it again!

/ Kurt Bracharz

‘Meine Einschätzung ist, dass wir auf dem Wege sind zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch dieser Außenhandelsabhängigkeit wissen muss, dass im Zweifel ein militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren.’ Es gelte, freie Handelswege zu sichern und ‘ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen’.

Wer hat das am 22. Mai in einem Interview mit dem Deutschlandfunk gesagt? A) Ein Marxist, der einmal mehr in Erinnerung rufen wollte, dass jeder Krieg – auch der Dschihad etc. – letztlich aus wirtschaftlichen Gründen geführt wird? B) Ein Imperialist, für den Kanonenbootpolitik und militärische Einsätze in geographisch fernen Ländern ganz normale Optionen sind, die man gar nicht propagandistisch verschleiern muss? Oder C) der deutsche Bundespräsident Horst Köhler?

Die richtige Antwort lautet C), und Köhler ließ durch einen Sprecher im Nachhinein erklären, er habe die Atalanta-Mission gegen Piraterie gemeint und nicht etwa den Bundeswehreinsatz in Afghanistan (nach dem er ausdrücklich gefragt worden war, als er Obiges antwortete, aber vielleicht hatte er sich ja verhört). Da war jedenfalls das Kind in den Brunnen gefallen und nicht nur SPD und Grüne, sondern auch die Union distanzierte sich von den Aussagen des Staatsoberhaupts.

Der deutsche Einsatz am Hindukusch wurde bislang mit der Demokratisierung Afghanistans, der Herstellung von Sicherheit für Deutsche und Afghanen und der Verteidigung westlicher Werte gemeinsam mit dem USA begründet. Köhler, der bei seinem jüngsten Truppenbesuch Soldaten, die im Gespräch mit ihm keine Siegesgewissheit verbreiteten, mit ‘Warum höre ich das nicht von ihnen?’ irritierte, hat seine kleine alte Wahrheit natürlich nur unfreiwillig ausgesprochen. Es ist durchaus möglich, dass er ein wenig wirr im Kopf ist und tatsächlich die Maßnahmen gegen Piraterie meinte.