Italienische Alternativen

/ Kurt Bracharz

Calisto Tanzi ist in Parma zu 18 Jahren Haft verurteilt worden. Der Name sagt Ihnen nichts? Wer ist dieser Mann, ein Terrorist, ein Mafioso, ein Kriegsverbrecher? Nein, Tanzi war als Hauptaktionär auch Hauptschuldiger am größten europäischen Finanzskandal, dem Zusammenbruch des italienischen Nahrungsmittelkonzerns Parmalat im Jahre 2003.

Der Schaden betrug 14 Milliarden Euro, die Details waren die üblichen: Bilanzfälschungen wie zum Beispiel angeblich bei der Bank of America deponierte vier Milliarden Euro, die gar nicht existierten, und Betrügereien aller Art rund um Tanzis aufwendigen Lebensstil mit seinem Fußballclub Parma und anderen Milliardärsmätzchen.

Tanzi hat schon bei einem anderen Verfahren in Mailand wegen Manipulation der Finanzmärkte zehn Jahre ausgefasst, dort in 2. Instanz, in Parma jetzt in 1., und das bedeutet in Italien bekanntlich wenig, weil die Entscheidungen der Richter erst in der 3. Instanz rechtskräftig werden. Tanzi ist 72 Jahre alt, wohnt (im Unterschied etwa zu unserem Bankfachmann Elsner) nach wie vor zu Hause (wo man vor kurzem in einem Versteck Gemälde in dreistelligem Millionenwert entdeckt und beschlagnahmt hat), muss aber trotz offizieller Mittellosigkeit nicht darben, weil er vom Vermögen seiner aus einem Industriellenclan stammenden Frau gut leben kann. Da der Mann alt und nicht mehr ganz gesund ist, wird er wohl um das Absitzen seiner Gefängnisstrafe vollständig herumkommen.

Für ihn ist es also besser gelaufen als für die 130.000 Anleger, die durch die Finger schauten, als die italienische Regierung 2004 ein Parmalat-Rettungsgesetz maßschneiderte, das zum Beispiel den alten Aktionären einen Totalverlust bescherte. Noch besser stünde er heute da, wenn er sich wie ein anderer berühmter Italiener rechtzeitig klar gemacht hätte, was dieser 1994 so formulierte: ‘Wenn ich nicht in die Politik gehe, dann gehe ich ins Gefängnis oder wegen meiner Schulden bankrott.’ Das war natürlich Silvio Berlusconi, kurz bevor er ‘Forza Italia’ gründete.