Emil und die Legislative

/ Kurt Bracharz

Im Jahre 2008 hat ein Lochauer Ehepaar einen Dornbirner Rechtsanwalt beauftragt, im Namen des ungeborenen Sohnes Emil, der eine Spina bifida aufwies, eine Feststellungsklage einzubringen, weil Emils Ehre und Menschenwürde dadurch verletzt worden seien, dass ein OGH-Urteil anderen Eltern wegen einer fehlerhaften Pränatal-Diagnose ihres behindert geborenen Kindes Schadenersatz zugesprochen hatte.

Ein behindertes Kind könne kein ‘Schaden’ sein, lautete zumindest in den Presseberichten Emils Argumentation, obwohl ja nach normalem, also nicht-juristischem Sprachempfinden auch in dem OHG-Urteil nicht das behinderte Kind, sondern die materiellen Mehraufwendungen für Operationen, Pflege etc. der finanzielle klar bezifferbare ‘Schaden’ sind. Als Laie würde man auch denken, eine Klage, von der der klagsführende Anwalt sagte, es sei von vornherein klar, dass ihr Ziel nicht auf dem Gerichtswege zu erreichen sei, könne vom Gericht einfach abgewiesen werden. Es wurde aber durchaus in zwei Instanzen entschieden, beide Male abschlägig. Zum OGH ging die Initiative nicht mehr, ‘um die Bestrebungen auf politischer Ebene nicht zu gefährden’, denn konservative Politiker hatten die Angelegenheit von Anfang an flankiert.

Nun ist also von der bekannt kompetenten Justizministerin tatsächlich das Gesetz geändert worden, und zwar wird ab 1. Juni 2011 das Schadenersatzrecht im ABGB dahingehend konkretisiert, dass Mediziner nur noch für Kunstfehler während Schwangerschaft und Geburt verantwortlich gemacht werden können, nicht aber bei einer pränatalen Fehldiagnose.

Vom Kardinal Schönborn über den Leiter der Gynäkologie Feldkirch bis zu Emils Anwalt und seinen Eltern sind jetzt laut Pressemeldungen alle zufrieden und dankbar. Der nach seiner Geburt operierte und seither durchaus muntere Emil, 2, hat sich naturgemäß noch nicht dazu geäußert. Für den schon mehrfach erwähnten Laien sieht es allerdings so aus, als seien die Ärzte die einzigen, die tatsächlich von dieser Gesetzesänderung profitieren.