Soprane und Soldaten

/ Kurt Bracharz

In Israel müssen junge Frauen zwei Jahre Militärdienst leisten, es sei denn, sie sind religiös – dann werden sie erst gar nicht eingezogen. Säkularen männlichen Studenten wird ein Aufschub wegen ihres Studiums so gut wie nie gewährt (obwohl sie später länger Dienst leisten müssten), wohingegen Religionsstudenten lebenslang vom Militärdienst befreit sind. Die jüdische Orthodoxie hat ein breites Spektrum, und den extremen nationalreligiösen Rand nennt man bei uns politisch korrekt ‘Ultraorthodoxe’.

Trotz der Befreiung vom Militärdienst für Religionsstudenten hat der Anteil an Ultraorthodoxen in den israelischen Streitkräften stark zugenommen. Mittlerweile sollen über 40 Prozent der Kadetten in den Offizierslehrgängen aus diesem Lager kommen. Aktuell gibt es einen absurd anmutenden Konflikt in der israelischen Armee, ob ‘religiöse’ Soldaten an militärischen Veranstaltungen teilnehmen müssen, bei den Frauen auftreten. Der Anlass war, dass Anfang September neun Kadetten eigenmächtig eine militärische Veranstaltung verlassen hatten, als eine Sängerin aus dem Militärchor zu einem Solo ansetzte. Die Armee schloss vier von ihnen, die ihr Verhalten später nicht bereuten, wegen Befehlsverweigerung von ihrem Ausbildungslehrgang aus.

Der Oberrabbiner Yona Metzger hat nun entschieden, dass streng religiöse Soldaten nicht zum Hören von Frauengesang verpflichtet werden dürfen. Das klingt vielleicht belustigend, aber die Vorstellung, dass in einer extrem hochgerüsteten, technisch modernen Armee in einer der explosivsten Krisenzonen der Welt religiöse Spinner mit antiken messianischen Ideen und ohne Angst vor einer Apokalypse immer mehr das Sagen haben, ist alles andere als amüsant. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die Ultraorthodoxen gerne ein in ihren Kreisen populäres Sprichwort zitieren, das besagt, ‘Wenn die Zeit gekommen ist, für Gott zu handeln’, (gemeint ist: im Krieg), werde zum religiösen Gebot, was im Frieden nicht koscher sei. Das ist eine Aufforderung zu Kriegsverbrechen.