Dubiose Wellen

/ Kurt Bracharz

Jeder hat schon von den Vieltelefonierern gehört, denen an genau der Stelle, wo sie das Handy ans Ohr hielten und es folglich seine Wellen in den Kopf abstrahlte, ein Karzinom im Schädel gewachsen sei. Je nach Technikgläubigkeit konnte man das für eine reale Gefahr oder für eine urban legend halten.

Im Mai 2011 hatte die Internationale Agentur für Krebsforschung die elektromagnetischen Felder von Handys als ‘möglicherweise krebserregend’ bezeichnet, weil eine sich über 14 Länder erstreckende ‘Interphone-Studie’ ein minimal erhöhtes Gliom-Risiko (eine seltene Krebsform des Gehirns) für extreme Vieltelefonierer ergeben hatte.

Obwohl ja schon das Wort ‘möglicherweise’ diese Aussage eigentlich zu einer Nullmeldung macht (möglich ist schließlich fast alles), regte sich nicht nur die Industrie über die eh vorsichtige Behauptung auf. Jetzt gibt es eine neue Studie des Instituts für Krebsepidemiologie in Kopenhagen, veröffentlicht im ‘British Medical Journal’, die wiederum ‘keinen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Krebs und dem Gebrauch von Handys erkennen’ konnte. Ausgewertet wurden in einer sogenannten Kohortenstudie die Daten von über 30-jährigen Dänen anhand des Krebsregisters und der Handyverträge zwischen 1982 und 1995.

Nun haben schon zuvor eine ganze Reihe von medizinischen Studien eine Krebsgefahr durch Mobiltelefone für unwahrscheinlich erklärt, und die Hirntumorerkrankungen stagnieren insgesamt, statt sich zumindest proportional zu den rapide steigenden Handy-Besitzer-Zahlen auszudehnen, aber es geht hier ja eher um Glaubensfragen als um rein technische Probleme. Jeder hat jemanden in seinem Bekanntenkreis, der den Sendemast in der Nähe seiner Wohnung nicht nur optisch wahrnehmen kann, sondern von dessen Strahlung am Schlaf oder an der Entspannung gehindert wird. Und die Montafoner bleiben ja auch bei ihrer Meinung, das Wohnen unter Starkstrommasten rufe vermehrt Krebserkrankungen hervor. Wer etwas anderes vertritt, gilt sofort als von der Industrie gekauft.