Kyrill der Korrupte

/ Kurt Bracharz

Wenn man sich den Liedtext der drei Aktivistinnen des ‘Mösenaufstands’ (was anderes soll ‘Pussy Riot’ heißen?) in der Moskauer Erlöserkathedrale genauer ansieht, fällt einem auf, dass eigentlich nicht Putin wirklich beleidigt wird (die Bitte ‘Mutter Gottes, du Jungfrau, vertreibe Putin! Vertreibe Putin, vertreibe Putin!’ ist ja weit eher eine religiös-politische Forderung als eine Verunglimpfung), sondern explizit der Patriarch Kyrill, über den es nach allgemein klerikalkritischen Textstellen (‘Schwarzer Priesterrock, goldene Schulterklappen – alle Pfarrkinder kriechen zur Verbeugung’ (…) Kreuzzug aus schwarzen Limousinen. In die Schule kommt der Pfarrer, geh’ zum Unterricht – bring ihm Geld’) unmissverständlich heißt: ‘Der Patriarch glaubt an Putin. Besser sollte er, der Hund, an Gott glauben.’

Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill, bürgerlich Vladimir Michailowitsch Gundjajew, Codename als langjähriger KGB-Agent ‘Michailow’, hat zuletzt Heiterkeit erregt, als er abstritt, eine schweineteure Schweizer ‘Breguet’-Armbanduhr zu tragen. Warum er das bestritt, ist angesichts der ungeniert protzigen Prunkentfaltung des russischen Klerus unklar; er behauptete jedenfalls, wenn es Fotos von ihm mit der Uhr an der Hand gäbe, dann seien sie Photoshop-Produktionen. Blöd war natürlich, dass Fotos auf seiner offiziellen Webseite die Uhr zeigten, und noch blöder, dass man eines davon manipuliert, nämlich die Uhr tatsächlich wegretuschiert, aber auf die Entfernung ihrer Reflexion in einer gläsernen Tischplatte vergessen hatte.

In den 1990er Jahren hatte Kyrill einen schwungvollen, aber legalen Handel mit Zigaretten betrieben, die die Kirche als Privileg zollfrei importieren durfte, was ihm den Spitznamen ‘Tabakmetropolit’ eintrug, und war in – in Russland immer dubiose – Ölgeschäfte verwickelt. Schon vor seinem Amtsantritt am 1. Februar 2009 unterstützte die russisch-orthodoxe Kirche russische Neofaschisten, verfolgte Homosexuelle und biederte sich an den EX-KGB-Mann Putin an, der sie gern benützte, um sich volkstümlich zu geben. Es kann also nicht verwundern, wenn der Klerus zuerst gegen ‘Pussy Riot’ schäumte (Kyrill sagte, die Frauen vollbrächten ‘das Werk Satans’) und dann, als Putin verkündete, die Strafen sollten nicht zu streng sein, ebenfalls Milde forderte. Kyrill hatte übrigens auch gesagt, dass die Photoshop-Manipulationen der Fotos von seiner Uhr ‘strengstens bestraft’ würden, aber da Putin sich dazu nicht äußerte, ist es bei der Ankündigung geblieben.