Wir sind Baumgartner!

/ Kurt Bracharz

Ich hatte die vielen Zeitungsberichte vor, während und nach dem Stratosphären-Sprung des Felix Baumgartner immer nur angelesen oder bestenfalls überflogen, weil es sich dabei um Sport – auch Extremsport ist nur Sport – handelte, und mir das Zusehen bei allen Sportarten (außer Schach und Boxen) immer als irrelevant für mein Leben und damit als komplett uninteressant erschienen ist.

Was kümmert es mich, wer Fußballweltmeister ist, wer den Speer am weitesten werfen kann oder wer die 100 Meter am schnellsten gelaufen ist? Es gibt nur eines, das mich noch weniger interessiert ist als solche Wettbewerbsergebnisse, das ist die Nationalität der Sieger. Ob nun der schnellste Abfahrer, der Schispringer mit der größten Weite oder der trickreichste Snowboarder Österreicher, Türke oder Neuseeländer ist – in welcher Weise könnte mich das betreffen? Dass ich an einem Stammtisch nicht mitreden könnte, das kann ich verschmerzen.

Aber zurück zu Baumgartner. Dass er Österreicher und von Red Bull gesponsert ist, hatte ich mitbekommen, das war so überdeutlich betont worden, dass es mir auch bei meiner fragmentarischen Lektüre nicht entgehen konnte. In einem gerade jetzt, da ich diese Kolumne schreibe, aktuellen Bericht auf vol.at lese ich, Baumgartner sei ‘am Freitag in seine alte Heimat Salzburg zurückgekehrt … der Salzburger hatte das Trudeln als extrem empfunden … der Salzburger erzählte in der Show … mit dem Stratos-Projekt sei das Image Österreichs angehoben worden … Der Salzburger habe als erster Mensch im freien Fall die Schallmauer durchbrochen … Die Welt hat den Atem angehalten, sagte der Österreicher … Die Welt hat den Atem angehalten, sagte der Salzburger … der Salzburger wird sich in der zweiten Hälfte seines Lebens als Hubschrauberpilot widmen (sic!) … er freute sich, wieder hier in Salzburg zu sein.’

Ich zitiere diesen Bericht wegen seiner Penetranz hinsichtlich Baumgartners Salzburger Herkunft. Aber auch die sogenannten Qualitätszeitungen hatten mir eine Vorstellung von Baumgartner vermittelt, die neulich Verblüffung bei mir auslöste, als ich an einem Schweizer Bahnhof in einer Gratiszeitung blätterte und eine Überschrift las, dass Arbon sich auf den festlichen Empfang Baumgartners vorbereite. Arbon? Was hat denn Arbon mit dem Superösterreicher Baumgartner am Hut? Das Gratisblatt behauptete, der Mann wohne dort! Ich habe es gegoogelt: Baumgartner wohnt mit seiner Frau, einer Österreicherin, in Arbon. Das finde ich nun nicht merkwürdig, auch der Superpatriot Strohsack versteuert bekanntlich in der Schweiz, aber dass nicht nur der Boulevard, sondern auch unsere ‘Qualitätsblätter’ dieses Detail beharrlich verschweigen, das ist schon wieder reichlich Ösi.