Nun sag, wie hast du’s mit dem Copyright?

/ Kurt Bracharz

Fast zeitgleich erreichte Medienschaffende und Künstler in Österreich eine Broschüre ‘Kunst hat Recht’ und die Nachricht vom Suizid des Internetaktivisten Aaron H. Swartz. Der 1986 in Chicago geborene, zuletzt in New York lebende Programmierer, der mit 14 ein Koautor der RSS-Spezifikation 1.0 gewesen und später als Gründer von Demand Progress und Mitbegründer von Open Library an einer ganzen Reihe von Aktivitäten für einen freien Netzzugang beteiligt war (z. B. 2009 am legalen, aber unerwünschten Download von 20 Millionen Gerichtsdokumenten aus der juristischen Datenbank PACER), wurde im Juni 2011 angeklagt, fast fünf Millionen wissenschaftliche Artikel illegal – nämlich durch Hacken eines Switchs in einem Schaltraum des MIT (Massachusetts Insitute for Technology) – von JSTOR, dem gebührenpflichtigen Online-Zugang zu Artikeln von 1400 Wissenschaftszeitungen, heruntergeladen zu haben, um sie (angeblich) auf Tauschbörsen zu verbreiten.

Swartz stellte sich angesichts der begonnenen Polizeirecherchen freiwillig, wurde zunächst inhaftiert und gegen eine Kaution von 100.000 US-Dollar aus der Haft entlassen. Obwohl Swartz mit JSTOR nach vollständiger Rückgabe der Daten zu einer außergerichtlichen Einigung gelangte, erklärte die Staatanwältin von Massachusetts, den Fall weiter verfolgen zu wollen, denn Diebstahl sei nun einmal Diebstahl, gleichgültig ob von Waren, von Geld oder von Daten. Der Prozess war für April angesetzt, aber Swartz wurde von seiner Freundin am 11. Januar in seinem New Yorker Appartement erhängt aufgefunden. Bei seinem Begräbnis am 15. hielt WWW-Begründer Tim Berners-Lee die Trauerrede. Swartz soll schon vorher an Depressionen gelitten haben, aber die Absicht der Staatsanwältin, ein Exempel gegen Copyright-Verletzungen und Hacking zu statuieren und ihn ins Gefängnis zu bringen oder mit einer sehr hohen Geldstrafe zu belegen, dürfte bei seinem Entschluss zum Suizid auch eine Rolle gespielt haben.

Für die Verletzung der Rechte von Künstlern an ihren Werken hatte sich Swartz aber nie stark gemacht (wenn auch vielleicht nur aus Desinteresse an den Künsten). Während die Wissenschaftsethik die allgemein zugängliche Veröffentlichung von Forschungsergebnissen vorschreibt, gelten für die künstlerische Produktion ja völlig andere Voraussetzungen. Das oben erwähnte ‘Weißbuch zur Bedeutung des geistigen Eigentums für Österreichs Kunstschaffende’ (so der Untertitel) enthält Ausführungen über das Urheberrecht in Österreich und in der EU, die ökonomischen Auswirkungen seiner Verletzungen auf die Künstlerinnen und Künstler, die Verwertungsgesellschaften (AKM, Literar-Mechana, VAM, VBK usw.) und die Forderungen der Initiative ‘Kunst hat Recht’, welche die Broschüre herausgegeben hat.

Das Grundprinzip wird in einem dem Buch vorangestellten Motto von Dorion Rabinovici ausgesprochen: ‘Ich bestehe darauf, selbst zu bestimmen, ob ich meine Romane gratis verbreiten will oder nicht. Es ist an mir zu entscheiden, wer meinen Text in welchem literarischen, politischen oder ökonomischen Kontext veröffentlicht. Ich will nicht schweigen, wenn mir meine Worte entwendet werden.’ (Nein, ich habe nicht angefragt, ob ich ihn hier zitieren darf. Wenn alle Stricke reißen, hänge ich mich auch auf.)