Drei aktuelle Justizskandale

/ Kurt Bracharz

In Österreich wurde Ende Mai das Ermittlungsverfahren wegen schweren Betrugs gegen den Hundertwasser-Nachlassverwalter Joram Harel von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Eine uneheliche Tochter Hundertwassers war nach seinem Tod mit einer bescheidenen Summe und einem Bild abgespeist worden, weil der Nachlassverwalter behauptete, das Erbe seien Schulden in Millionenhöhe.

Mittlerweile sind tatsächlich Millionen aufgetaucht, allerdings Millionen von Aktiva, es sind nämlich Immobilien zu einem Vielfachen des damals angegebenen Wertes verkauft worden und es ist eine Schweizer Briefkastenfirma bekannt geworden, in die jahrzehntelang Nutzungsrechte in Millionenhöhe geflossen sein müssen. Die Tochter bekommt nichts davon, weil die zuständige Staatsanwältin ohne große Untersuchung und ohne Ermittlungen durch die Kriminalpolizei das Verfahren gegen den Ex-Manager und Nachlassverwalter eingestellt hat und es keine Berufungsmöglichkeit dagegen gibt.

In Deutschland sitzt der Nürnberger Gustl Mollath seit 2006 in der geschlossenen Psychiatrie, nachdem er von Gutachtern, die ihn nicht ein einziges Mal persönlich gesehen hatten, als gemeingefährlicher Wahnsinniger (sie drückten es natürlich professioneller aus) eingestuft worden war. Er hatte Schwarzgeldgeschäfte, in die seine Frau und einige ihrer Kollegen als Angestellte der Münchner HypoVereinsbank verwickelt waren, an die Öffentlichkeit gebracht, weil er aus ethischen Gründen auch nicht indirekt mit Schwarzgeld zu tun haben wollte.

Das war damals vor der Bankenkrise für Psychiater offenbar ein Symptom von Geisteskrankheit: nur ein Paranoiker konnte eine solche ‘Schwarzgeldverschwörung’ in einer Großbank erfinden. Ein interner Revisionsbericht der Bank bestätigte zwar 2003, dass ‘alle nachprüfbaren Behauptungen’ Mollaths zutreffend gewesen seien, gelangte aber nie vor Gericht. Jetzt wurde der Fall, der vor groben Fehlern bei Hergangsschilderungen in den Urteilen strotzt und zwei aus der Ferne abgegebene psychiatrische Gutachten einschließt, zuerst von den Medien wieder aufgegriffen, und dann sogar vom bayerischen Justizministerium ein Wiederaufnahmeverfahren angeregt. Mittlerweile haben auch 30.000 Menschen eine Internet-Petition für Mollath unterschrieben.

In Italien hat das italienische Höchstgericht, der Oberste Kassationsgerichtshof in Rom, befunden, der Prozess gegen Amanda Knox, den von der Presse so stigmatisierten ‘Engel mit den Eisaugen’, müsse neu aufgenommen werden, denn es habe im Berufungsverfahren ‘Unzulänglichkeit, Widersprüche und klare Logikmängel’ gegeben. Das Komische daran – wenn man darüber lachen kann – ist, dass mit genau derselben Einschätzung Amanda Knox 2011 im Berufungsverfahren freigesprochen worden war, dass nämlich das Ersturteil von 2009 ein grotesker Justizirrtum auf der Basis von Irrtümern und Verleumdung gewesen sei.

Der tatsächliche Mörder der Britin Meredith Kercher, einer Studienkollegin der US-Amerikanerin Amanda Knox in Perugia, ist längst verurteilt und hat nie dagegen berufen, aber man wollte im ersten Verfahren unbedingt Knox eine schwere Straftat anhängen, tat dies aber so dilettantisch, dass sich das Berufungsgericht darüber mokierte. Und jetzt soll alles wieder ganz anders sein. Allerdings wird Knox kaum aus den USA wieder zu einem Prozess nach Italien kommen.

Was kann man aus diesen drei Fällen lernen? Ich fürchte, nichts. Außer den Wahrheitsgehalt des alten Spruches erkennen, vor Gericht und auf hoher See sei man in Gottes Hand. Wenn man Pech hat, ballt er sie zur Faust.