Der Weg des Zöllners

/ Kurt Bracharz

Da ruft einer in einem öffentlichen, also jedermann – auch wirrköpfigen Jugendlichen – zugänglichen Medium dazu auf, eine bekannte Politikerin zu erschießen, und das hat keine wirklich gravierenden Folgen für ihn. Schön – ein Jahr unbedingte Haft und 10.000 Euro Geldstrafe sind keine Bagatellen, aber eigentlich hätte man schon erwartet, dass der Mann auch seinen Job verlieren würde.

Falls Sie jetzt Genugtuung empfinden, dass Bushido ordentlich bestraft worden ist, muss ich Sie enttäuschen: Es geht hier nicht um ihn. Dieser sogenannte Rapper (‘sogenannt’, weil seine Texte und seine Stimme ja nicht einmal für dieses jämmerlichste aller musikalischen Genres mit den Knittelversen und der Fertigmusik ausreichen) hat es zwar letzthin auf das Titelblatt der BILD-Zeitung geschafft, weil er erklärte, auf Claudia Roth schießen zu wollen, bis sie Löcher habe ‘wie ein Golfplatz’, und dazu noch einiges Schwulenfeindliches abließ, aber das war für BILD gerade mal eine willkommene Nachricht fürs Sommerloch.

Und Bushido hatte mal wieder dringend auf sich aufmerksam machen müssen, denn abgehalfterte Schlager- oder Volksmusikstars können zwar noch bei den Eröffnungen von Autohäusern oder Supermärkten etc. auftreten, für abgehalfterte Rapper gibt’s aber keine vergleichbaren Veranstaltungen, die müssten arbeiten gehen oder wirklich Gangster werden, wozu es aber meistens auch nicht reicht – jedenfalls nicht in Deutschland.

Nein, hier geht es um einen 42-jährigen ‘Zöllner aus Westösterreich’, der ‘von seinem Dienst-PC aus’ ‘im Internet-Forum einer Zeitung gegen Ausländer’ hetzte, Hitler ‘eine große österreichische Persönlichkeit’ und ‘Mein Kampf’ ein ‘gutes Buch’ nannte und vorschlug, die ‘Volksverräter Faymann, Spindelegger und Fekter an die Wand zu stellen und zu erschießen’. Das sind Zitate aus einem ‘Kurier’-Artikel. Nachdem ich in der Vorarlberger Presse keinen Hinweis auf die Angelegenheit gefunden habe, neige ich sehr zur Annahme, dass mit ‘Westösterreich’ Vorarlberg und mit dem ‘Internet-Forum einer Zeitung’ vol.at gemeint ist. Aber vielleicht irre ich mich ja doch, und es hat sich alles in Tirol abgespielt. (Das war jetzt eine Art Unschuldsvermutung.)

Das wirklich Interessante an dem Fall ist, dass – wie schon gesagt – der Beamte seinen Job behalten kann. Bei einer Strafe von mehr als einem Jahr unbedingter Haft hätte er ihn verloren, aber sicher rein zufällig (oder juristisch unausweichlich) hat er eben gerade ein Jahr bekommen. Seine Behörde versucht übrigens, ihn los zu werden, aber ein Senat der Disziplinaroberkommission im Bundeskanzleramt sprach sich jetzt als zweite Instanz gegen eine Entlassung aus, weil der Mann unbescholten sei (das ist jeder, bis er zum ersten Mal erwischt wird) und reumütig (er hat eine sechs Zeilen lange Entschuldigung abgegeben). Übrigens ist Fekter seine oberste Vorgesetzte, während Bushido (‘Weg des Kriegers’, bürgerlich Anis Mohamed Youssef Ferchichi) mit Claudia Roth in der Realität nichts zu tun hat.