Als Gott in der Todeszelle

/ Kurt Bracharz

In God’s Own Country gibt es naturgemäß mehr paranoide Schizophrene, die sich entweder gleich für Gott selbst oder wenigstens für einen seiner Gesandten halten, als in den säkularer verfassten Gesellschaften Europas. Eine Anzahl von ihnen landet zuletzt in der Death Row, also jener Gefängnisabteilung, deren Insassen auf die Hinrichtung warten.

Nun hat der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten von Amerika 2007 entschieden, dass auch geisteskranke zum Tode Verurteilte tatsächlich hingerichtet werden können, wenn sie ein ‘rational understanding’, also eine vernunftmäßige Einsicht, in ihre Verurteilung und in den Grund für dieselbe haben. Wie diese vernunftmäßige Einsicht bei jemandem wie dem fünffachen Mörder Michael Owen Perry, der sich selbst für einen Gott und die Filmschauspielerin Olivia Newton-John (‘Grease’) für eine Göttin hält, aussehen könnte, haben die obersten Richter nicht erläutert, es spielt in seinem Fall aber auch keine Rolle, denn ein Gericht hatte nach Perrys Todesurteil 1985 in einem weiteren Verfahren entschieden, dass der Staat Perry nicht zwangsweise unter Drogen setzen dürfe, die ihn für die Exekution einsichtig genug machen würden. So vegetiert Gott Perry immer noch uneinsichtig in der Death Row.

Anders erging es da John Ferguson, der nach seiner Entlassung aus einer Nervenklinik in Florida 1976 acht Menschen tötete. Er war der Meinung, das Gericht habe ihn zum Tode verurteilt, weil es damit seinen ‘rechtmäßigen Aufstieg auf den Thron als Prince of God’ verhindern wollte. Als Gottesprinz wollte er die USA vor dem Kommunismus retten. Im Mai 2013 bestätigte ein Bundesgericht das Todesurteil, wobei ein Richter sagte, Fergusons Glauben an ein Weiterleben nach dem Tode sei kein Zeichen von Unzurechnungsfähigkeit, denn wenn er das wäre, könnten die meisten Amerikaner nicht hingerichtet werden (‘If it did mean that, most Americans would be mentally incompetent to be executed’). Der Oberste Gerichtshof bestätigte das Urteil und Ferguson wurde im August hingerichtet. Seine letzte Worte waren: ‘I am the Prince of God and I will rise again.’

Larry Robinson empfing aus einer Uhr in seiner Wohnung biblische Prophezeiungen und tötete, um ‘Gott zu finden’, einen Mitbewohner und vier Nachbarn. In Texas war sein Motiv kein Grund, ihn nicht im Jahre 2000 zu exekutieren. Anders erging es Scott Louis Panetti, der das Todesurteil wegen der Ermordung seiner Schwiegereltern für ein satanisches Komplott hielt, um ihn vom Missionieren für Gottes Wort abzuhalten. Als Cowboy gekleidet, verlangte er vor Gericht die zwangsweise Vorführung von Jesus Christus als Zeuge. Der Oberste Gerichtshof entschied 2007, Panetti sei unzurechnungsfähig.

Der Dreifachmörder Perry Lee Walton hielt sich abwechselnd für Jesus, Superman, eine Bienenkönigin , den Herzkönig im Kartenspiel und einen Höhlenmenschen. Das kam offenbar sogar den Juristen in Virginia verrückt vor, sein Todesurteil wurde 2008 in Lebenslänglich umgewandelt.