Pornodreh

/ Haimo L. Handl

Beim kürzlich genüsslich berichteten „Pornodreh“ in Oberösterreich handelt es sich nicht um eine weitere Betrugsvariante wie dem „Neffendreh“, sondern um eine Frau, die in einer Kirche ein Pornovideo aufnahm und dieses übers Internet anbot, was nicht nur Käufer anlockte, sondern auch einige Betrachter so erregte, dass sie es den Pfarrer wissen ließen, der daraufhin Anzeige erstattete. Die Obrigkeit hatte keine Probleme über „Insiderkreise“, zu denen die Polizei traditionell enge Verbindungen hält, herauszufinden, wer die „Dame“ ist.

Sie wurde wegen Störung der Religionsausübung und Herabwürdigung religiöser Lehren in Verbindung mit dem Mediengesetz angezeigt; der Prozess fand nun statt. Die Frau wurde zu einer dreimonatigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt und zur Zahlung von € 5.300,00.

Die Begründung des Urteils und sein Widerhall in den Medien erhebt die Lappalie über den Alltagsgrad und entblößt die verlogene Spießerwelt, die diesmal wieder ihrer Doppelmoral, ihrem Rachebedürfnis Befriedigung verschaffte.

Nun, die Frau hat eine der Religionsausübung gewidmete Räumlichkeit „missverwendet“. Stimmt. Das ist aber nicht nur eine Verwaltungsübertretung, weil der Gesetzgeber sichergestellt hat, dass die privilegierte Stellung von Religion und Kirche auch privilegiert, das heißt, über Maßen geschützt wird, und Verstöße entsprechend drakonisch bestraft werden können. Und dann wird so ein Delikt nicht bloß zu einem Bagatellfall, sondern zur Störung der Religionsausübung (wer war gestört worden?) bzw. zur Herabwürdigung religiöser Lehren (Symbole vielleicht, aber Lehren?). Wir leben in einem Land ohne Trennung von Staat und Kirche. Auf eine Verschärfung dieses unwürdigen Zustands hoffen ja viele Moslems, vor allem ihre Scharfmacher, damit sie gegen Ungläubige, gegen Herabwürdiger ihrer Lehre, ein denkbar dehnbarer Begriff, strenger vorgehen können. Die „schlimme Frau“ (von einigen schlicht als Drecksau bezeichnet) muss froh sein, nicht nach islamischem Recht verurteilt worden zu sein…

Für die Medien war der Vorfall ein „Fressen“. Sogar in der ORF-Internetseite zeigte die Redaktion ihr niederes Niveau, in getreuer Widerspiegelung des wahren Volksgeistes: „Bei Betreten des Gerichts zeigte sie sich weit weniger freizügig als in den Videos.“ Wünschte der Redakteur eine weitere Provokation, macht er einen Vorwurf, weil die Täterin „normal“, das heißt, „gesittet“ auftritt? Die junge Frau weckte aber gleich tiefsitzende Strafbedürfnisse gegen eine „uneinsichtige Person“. Sie heulte nicht, kroch nicht zu Kreuze, betonte zwar, das nie mehr machen zu wollen, nicht gewusst zu haben, dass das strafbar sei, meinte aber, was bei Gericht gar nicht gut ankam, dass es da noch viel Schlimmeres gebe.

Und das stimmt. Müsste unsere aufmerksame Behörde nicht Spezialkräfte abstellen und intensivere Kommunikation mit „Insiderkreisen“ führen, weil Abertausende von Sexvideos kursieren, die den Tatbestand der religiösen Herabwürdigung erfüllen bzw. den der nazistischen Wiederbetätigung (Rudelficken in Naziuniformen, Nonnen- und Pfarrersex in allen Lagen und mit religiösen Symbolen)?

Eigenartig auch, dass einer, der das Video sah, dieses anzeigte. Wie war er denn auf das Video gestoßen? Es springt einen ja nicht einfach ein, man muss es doch in einschlägigen Seiten suchen und finden. Warum wird nach ihm nicht gefahndet? Er (ich nehm mal an, dass es sich um einen Mann handelt) ist ja als „Kunde“, „Käufer“ – wie der Freier – bedingender Teil dieses „Marktes“. Warum bauschen die geilen Medien die Sache so auf? Wer die Aufnahme der Fotografenmeute sieht, wie sie im Gerichtssaal die Täterin zum Jagdopfer macht, erschrickt ob der Obszönität, der Unverhältnismäßigkeit, die sich da zeigt.

Es ist dieser Gestus, diese vorgeschobene Moral und das Pochen auf ihre Beachtung, die den bitteren Beigeschmack erzeugen. In unserer verkommenen, extrem sexualisierten Welt sind die Bravmänner und Rechtsschützer und Gutfrauen froh, wenn sie einen Täter oder, noch besser, eine Täterin fassen und vorführen können. Da kann man zeigen, dass und wie man die Moral achtet, das Recht schützt und Ordnung herstellt. Das ist in Linz wieder einmal im Namen der Republik geschehen.