Tötungsfilm erhält Preis in Berlin

/ Haimo L. Handl

Tobias Haase, Jahrgang 1981, erhielt für seinen Tötungsfilm den First Steps Award in Berlin. Der Preis wurde, wie es offiziell heißt, ‘als private Initiative der Filmwirtschaft von den Produzenten Bernd Eichinger und Nico Hofmann ins Leben gerufen. Er wird heute veranstaltet von der Deutschen Filmakademie e.V. mit Unterstützung der vier Gründungspartner UFA FICTION, Mercedes-Benz, ProSiebenSat.1 TV Deutschland und Spiegel TV. Allen gemeinsam ist der Wunsch, den Filmnachwuchs sinnvoll und effektiv zu fördern.’

Die deutsche Filmakademie preist also im Verbund mit der Filmwirtschaft und wichtigen Sponsoren ein Werk aus, das offen und direkt für präventives Töten eintritt: während „unschuldige“ Kinder nicht überfahren werden, weil das Mercedes-Sicherheitsprogramm automatisch abbremst, wird das „schuldige“ Kind Adolf (Hitler) überfahren. Damit jeder kapiert, warum, erscheint die Ortstafel „Braunau am Inn“ im Bild, danach der Satz „Erkennt Gefahren, bevor sie entstehen.“

Mercedes hat sich, obwohl sein Sponsoring davon unberührt blieb, von diesem Film distanziert. Die Auszeichner stärkten dem Tötungsfanatiker jedoch den Rücken, getreu den Zeichen unserer Kriegszeiten: „Solche Ideen-Verfechter braucht die Kreativbranche“. Eine Agenturmeldung, die von vielen Zeitungen übernommen wurde, lautet noch in indirekter Rede: „Als Zuschauer werde man durch den Spot förmlich gezwungen, sich eine Meinung zu bilden.“

Das reicht aus nicht nur zur Rechtfertigung, sondern zur Auszeichnung. Der junge Haase zeigt, wie der Hasse läuft, wessen Stalles er ist, und wohin das Hakenschlagen führen soll: in die Prävention, ins Töten, Morden und Vernichten, um spätere Gefahren zu vermeiden.

Während gläubige Christen mit Schaudern sich der Präventiv-Kindstötungen von Herodes erinnern, gilt heute, da Kriegsstrafaktionen von vielen als vernünftig und notwendig erachtet werden, das präventive Töten als Säuberungsaktion, als Vorsichtsmaßname, als notwendige Operation, um späteres Unheil zu vermeiden.

Die völlig inakzeptable Logik dieser inhumanen Sicht wird nicht bedacht, sondern als Steigerung des Kreativpotenzials hingestellt und ausgepriesen.

Was folgt als nächstes? Unter Berufung auf die Tradition des Tyrannenmords jugendliche Todesschwadrone, die „aufräumen“, „reinemachen“, wie vor rund 20 Jahren einige Serben in ihren „ethnischen Säuberungen“? Das neue Saubermannprogramm!

Die deutsche Filmakademie beweist mit dieser Auspreisung einen Tiefpunkt an Ethik und Kultur. Sie hat sich so peinlich primitivisiert, dass sofortige staatliche Gegenmaßnahmen erfolgen müssten, wenn man nicht kollaboriert mit diesem braunen Ungeist. Die skandalöse Filmaussage, dass die Gefahr vermieden worden wäre, hätte man frühzeitig sich des Kindes Adolf Hitler entledigt (entsorgt!), verkürzt unlauter die Problematik des Nazismus und Faschismus auf eine Person. Und das nach über sechs Jahrzehnten von Geschichtsbildung, Aufklärungen und Informationen.

Die offizielle Begründung der Jury kann, neben anderen Informationen zum Award, in der Internetseite nachgelesen werden (http://www.firststeps.de):

MCP Werbefilm, 77’. Regie: Tobias Haase, Filmakademie Baden-Württemberg Ludwigsburg ‘MCP’ hat das, was heutigen Werbespots oftmals fehlt: Wirkung. Dieser Spot versendet sich nicht. Als Zuschauer wird man förmlich dazu gezwungen, sich eine Meinung zu bilden. Darf ein fiktiver Spot eine real existierende Marke zum obersten Richter über Leben und Tod machen? Darf Werbung das Thema Nationalsozialismus überhaupt aufgreifen? Noch nie hat die Jury so kontrovers diskutiert. Am Ende lautet unsere Antwort „Ja“. Trotz offizieller Distanzierung des Kunden zu dem Spot und mit Aussicht auf kritische Stimmen bleibt der Regisseur Tobias Haase seinen künstlerischen Idealen treu. Solche Ideen-Verfechter braucht die Kreativbranche.

Treue als Selbstwert. In der Begründung wird des Regisseurs Nichtbedenken kritischer Stimmen bzw. „die Aussicht“ darauf, als positive Leistung gesehen. Pervers. Lernverweigerung, bornierte Sturheit als Tugend. Treu waren auch viele SA- und SS-Schergen. Es muss doch immer bewertet werden, welche Treue wozu! Die Filmakademie, stellvertretend für Deutschland, beweist nicht nur Unverstand, sondern Unkultur.