Terror ist nicht gleich Terror oder doch?

/ Haimo L. Handl

Das Abschlachten eines Soldaten in Woolwich hat einiges Aufsehen erregt; hintennach versuchen Journalisten die Publikation des Videos und der grausigen Bilder als Erfüllen der Informationspflicht zu rechtfertigen. Die Stimmung für den Kampf gegen den Terror steigt, die Bereitschaft, noch mehr Observanz in Kauf zu nehmen, nimmt zu, der Hass gegen Islamisten, wenn nicht generell Moslems, wächst.

Die Botschaft des Killers wurde in vielen Medien verbreitet, unter anderem sagte er: ‘We swear by the almighty Allah we will never stop fighting you until you leave us alone. We must fight them as they fight us. An eye for an eye, a tooth for a tooth. I apologise that women have had to witness this today, but in our land our women have to see the same. You people will never be safe. Remove your government, they don’t care about you.’

Bei aller Brutalität sollte man die Aussagen nicht einfach als Geschwätz abtun. Nicht, dass sie sein Morden rechtfertigen. Aber sie zeigen einen Hintergrund, der bei uns geflissentlich ausgeblendet wird.

Jetzt hat die EU das Waffenembargo gegen Syrien aufgehoben. Zu den bisherigen verdeckten Waffenlieferungen folgen die offiziellen. Geld floss schon lang in Unsummen zur Aufrüstung und Bezahlung der Mörder, Terroristen und eines Gesindels, das als unterstützungswürdige ‘Opposition’ hingestellt wird. Das ist eine direkte Kriegsunterstützung, im Widerspruch zu allem Gewinsel und Gelabbere um Frieden und Friedenskonferenzen. (Ähnlich zynisch mutet Israel den Palästinensern zu, ‘Friedensgespräche’ nach seinem Diktat anzunehmen. Und die gehirngewaschene freie Welt folgert, die Palästinenser wollen keinen Frieden, wollen Krieg.)

Europäische Staaten haben aktiv Kriege in Libyen geführt, im Irak, in Afghanistan, in afrikanischen Staaten. Immer für Frieden, Freude, Eierkuchen. Die heimgesuchten Ländern liegen darnieder, schlimmer, als zuvor unter den Regimes, die so stolz hinweggefegt wurden. Regime, die jahrelang gepriesene Partner waren, Verbündete, die aufgerüstet worden waren, mit denen man Geschäfte machte. Bis sich noch bessere Geschäftsmöglichkeiten boten.

Und man weiß, dass Syrien fallen muss, damit der Keilstoß gegen den Iran leichter möglich wird. Dahinter stehen Israel und die USA. Das Konzept ist seit langem bekannt und abgewogen.

In dieser vermeintlich verworrenen Situation finden wir muslimische Terroristen und antimuslimische, wie Breivik in Norwegen. Aber wir haben auch Regierungen und Agenten des freien Westens, die Kriege finanzieren, Söldner und Kämpfer einschleusen und versorgen. Das sind Terroristen mit weißer Weste. Wir haben vor allem auch eine florierende Rüstungsindustrie, die Profite scheffelt und sich nicht mit theoretischen Planspielen abgibt.

Lynchjustiz ist, wie Terror, unannehmbar. Aber Verbrechen ist nicht mit moralischen Argumenten oder Entrüstungen beizukommen. Auch nicht mit der Fortführung und Ausweitung eines globalen Kriegs gegen den Terror. Vor allem nicht, wenn die Reaktionen einseitig erfolgen, wenn systematisch die eigene Kriegsführung, der eigene Terror nicht nur stillschweigend hingenommen, sondern offen rationalisiert wird als notwendige Sicherheitspolitik.

Eben weil ich gegen den Terror bin, ganz gleich von welcher Seite, bin ich auch gegen den staatlich organisierten, weil er nur die andere Seite bildet, die bei uns verdeckt wird.

Es gibt auch einen Terror, der sich außerhalb dieser Logik bewegt, der keine Antwort auf verbrecherische Kriege ist. Stimmt. Da haben wir einen tiefgehenden Wertekonflikt. Aber auch dem könnte man eher und besser beikommen, wenn man die Grundwerte, um die es uns geht oder gehen sollte, ernsthaft vertritt anstatt opportunistisch, wie es gerade in die Realpolitik passt. Aber Regierungen zu vertrauen, sie ‘kämpften’ für die ‘gute Sache’, ist nicht möglich, wenn ihre eklatanten Rechtsbrüche und Rechtsbeugungen evident sind. Das wissen die Regierungen, weshalb ja das brainwashing über die ‘freie Presse’ so intensiv betrieben wird.