Fron

/ Haimo L. Handl

Es steht eine Abstimmung zur Wehrpflicht an. Die Mehrheit der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union hat sie schon abgeschafft. Bei uns wollen die Konservativen sie unbedingt erhalten, obwohl sie militärisch keinen Sinn macht. Jetzt werden Sozialdienste als Argument betont. Wir hätten keine taugliche Katastrophenhilfe ohne Grundwehrdiener, keine finanzierbare Sozialleistungen, wie sie die billigen Zivildiener bestreiten, usw. usf.

Nach der Logik der Herren und Damen, die für die Zwangsrekrutierung eintreten, müsste man schon aus Gleichbehandlungsgründen auch Mädchen zum Dienst verpflichten.

Der nächste Schritt wäre, nach der wirtschaftlichen Nutzenrechnung, überhaupt die Ausweitung der Frondienste, die man euphemistisch Sozialdienste in einem Sozialjahr nennt. Dass Hilfsorganisationen sich so unverschämt dafür einsetzen, Fronarbeiter zugestellt zu erhalten, zeigt die schnöde Rechnungsart, die ihr Tun mitbestimmt.

Es gäbe X Beispiele aus der Geschichte, wie Sklavenarbeit, Frondienst, ‘billig’ kommt. Wie hat man das sibirische Eisenbahnnetz gebaut? Mehrheitlich mit Zwangsarbeitern. Wie hat man in Kriegszeiten Arbeitskontingente versorgt? Mit Zwangsarbeitern. Also könnte man in Krisenzeiten ähnlich vorgehen. Und die Krisen werden sich verschlimmern.

Offen sagt man das heute nicht so. Wir sind ja nicht im Krieg. Deshalb wollen die ÖVP, die heimattreuen ‘Freiheitlichen’ (ja, sie nennen sich immer noch so!) und ihre Helfershelfer die Zwangsrekrutierung, den unbedingten Grundwehrdienst.

Aber es geht nicht nur um Katastrophenschutz und Zivildienst. Es geht auch um etwas Psychologisches. Viele der Eltern haben Erziehungsprobleme. Das Bundesheer wird allzu gern als ‘Schule der Nation’ gesehen. Viele Ältere meinen, das sei der einzige Ort, die einzige Einrichtung, wo die ‘Gfraster’ Kuschen lernen, wo ihnen etwas Nützliches beigebracht werde. Und viele wollen sich an den Jungen, den Verwöhnten, vorausrächen, indem sie ihnen den Drill wünschen, den Rekrutenalltag, auch wenn der nachgelassen hat.

Es steht zu befürchten, dass die Jungen und Frauen, die es eigentlich besser wissen sollten, beschränkter sein werden als sie sind, und entweder nicht an der Abstimmung teilnehmen oder die Wehrpflicht bejahend.

Dass eine Volkspartei meint, mit ewiggestrigen Sprüchen ihre Modernität unter Beweis zu stellen, könnte bei der herrschenden Dummheit also tatsächlich in Erfüllung gehen. Nicht aus militärischen Überlegungen, sondern aus vermeintlicher Sorge um Pflegedienste für arme Sozialeinrichtungen wie die Caritas und das Rote Kreuz, die offensichtlich der Frondienstleister, der modernen Sklaven, bedürfen. Und eben einer Art Vergeltungssucht.

Bemerkenswert auch, dass sich für die Wehrpflicht viele ÖVP-Politiker aussprechen, die selbst keinen Wehrdienst leisteten, weil sie angeblich untauglich waren, und viele Frauen, die bisher, in Missachtung des Gleichheitsgrundsatzes, das Privileg genossen, nie Wehrdienst leisten zu müssen. Da lässt sich leicht reden und fordern.

Aber die Reaktionären und Konservativen wollen ja auch Zwangsarbeit für Langzeitarbeitslose. Man wird schon einen klingenden Namen dafür finden. Der Verweis auf Staaten, in denen noch die Wehrpflicht gilt, überzeugt nicht. Da könnte man sich ebenso gut für Folter und Todesstrafe einsetzen, für die aktive, strenge Diskriminierung der Frauen usw. Dass, umgekehrt, Frauen wie die Innenministerin, eine ÖVPlerin, oder die Salzburger Landeshauptfrau, eine SPlerin, für den Zwangswehrdienst stimmen, zeigt eine gewisse Pervertierung, eine Fehlentwicklung.

Es steht zu befürchten, dass eine Mehrheit dieser Haltung folgt. (Ich lasse mich gerne belehren, nächste Woche.)