Monarchisches Stelldichein & Facebook

/ Haimo L. Handl

Das sechzigjährige Thronjubiläum der britischen Königin Elisabeth wird in Großbritannien ‘gebührend’ gefeiert; zum Auftakt versammelte sich der noch existierende Rest monarchischer Adeliger in Windsor. Weite Teile der Bevölkerung des von Krisen heimgesuchten Landes sind stolz, applaudieren und - träumen. Die Monarchie erfüllt die Funktion einer symbolischen Sicherheit, eines symbolischen Stolzes, und der scheint wichtiger als die Wirklichkeit, die nachprüfbare Realität.

Ähnlich unreifes Verhalten zeigten die Käufer beim größten Börsengang eines Internetunternehmens. Facebook, eigentlich ohne nennenswerte reale Werte, wird als Milliardenunternehmen ‘gehandelt’, und konnte im Nu über 16 Milliarden Dollar einbringen, wiewohl die Kursentwicklung danach, gemessen an den hysterisch hohen Erwartungen, lau und enttäuschend blieb.

In einigen Massenmedien wurden denn auch die ‘kleinen’ Käufer vor den Risiken gewarnt. Es könnte durchaus sein, dass, wenn die Blase platz, die Enttäuschten beim Staat Hilfe suchen. Ähnliche Vorfälle gab es ja schon, man erinnere sich an das AWD-Debakel, als viele Anleger meinten, die öffentliche Hand möge sie entschädigen. Allerdings hätten sie Gewinne privat genossen. Die gleiche perfide Haltung: Profite privatisiert, Verluste kollektiviert. Im Kleinen wie im Großen.

Der Börsengang von Facebook und die weltweiten Reaktionen sind ein Lehrstück pervertierten Marktverständnisses. Einerseits beklagen viele das Zockertum, die zynischen Spekulationsgeschäfte ohne reale Gegenwerte, andererseits beteiligen sich Massen von Kleinspekulanten am Börsengang einer Internetfirma, die außer Dienstleistungen und Versprechen nichts zu bieten hat. Nicht einmal stichhaltige Prognosen. Sogar Fachleute räumen das enorme Risiko ein.

In diesem Verhalten liegt eine Portion Irrealität, Unvernunft. Doch sie ist nicht nur den ‘Kleinen’ eigen, oder will man die bisherigen Finanzkrisen, welche die Banker und Finanzmanager mit staatlicher Hilfe erfolgreich zu einer (staatlichen) Schuldenkrise umfunktionierten, als unvernünftig hinstellen? Die Vernunft hinter den profitablen Geschäften ist allerdings eine spezielle, eine für die privilegierten Profiteure. Und da wollen, wenn sich ein Zipfelchen einer Gelegenheit bietet, die ‘Kleinen’ nicht abseits stehen. Das heißt, sie sind gleichen Ungeistes, gleicher Gier, nur von den Mitteln her etwas beschränkt. Die Beschränktheit sozialer Intelligenz bzw. die Einstellung des rücksichtslosen Egoismus ist aber gleich.

Was hat dieses Kapitalisieren mit dem unreifen Glorifizieren und Feiern von Monarchen und ihren Untertanten und Zujublern zu tun? Direkt nichts, indirekt viel. Denn die Überhöhung der Monarchie, der Glanzfiguren, der vermeintlich sicheren, guten Werte entspringt einer Täuschung, einem Irrglauben, einer Chimäre. Es ist das unreife Festhalten am Symbolischen als Ausgleich zur kruden Realität. Es ist ‘escape’ im negativen Sinn! Mit diesem untertänigen Verhalten entsprechen sie ganz den propagierten Werten einer entindividualisierten Konsumgesellschaft, die einerseits einer hohlen Gleichheitspolitik frönt, sich darin aber ebensoviel vormacht, wie im Gieren nach Distinktion, nach Besonderem, nach Adel, Glanz und Glamour. Ein Täuschungszirkus.

Zu den Monarchien und dem alten Adel gesellt sich jener der Hochfinanz. Beide operieren einerseits symbolisch, andererseits höchst real: sie profitieren. Die Profite sind nur möglich, weil Massen von Unterstützern mitmachen. Mitmacher, Mitläufer. Täuscher. Und wir haben eine Politik und Massenmedien, die im Großen und Ganzen genau diese Typen, diese Profitbarbarei sowie den Täuschungszirkus dazu pflegen. Wie lange noch?